mehr grün auf anthrazit
Stadtklima ist nicht sehr pflanzenfreundlich

Stadtklima – wie Pflanzen im Betondschungel leben

Das Stadtklima ist ein Spezielles! Die Versiegelung der Oberflächen und die Dunstglocken, die sich über Städten ansammeln tun das ihre und schaffen erschwerte Bedingungen für das Pflanzenwachstum. Die grössten Herausforderungen, mit denen Pflanzen und Gärtner in der Stadt zu kämpfen haben erklärt die balconybotanista hier.

Der Hauptfaktor für das Stadtklima ist ganz klar als erstes die Bodenversiegelung durch Gebäude und Strassen – sprich durch Beton, Stein und Asphalt. Diese führt zu einer vermehrten Aufnahmefähigkeit von Sonnenstrahlung und zu einer stark verringerten Aufnahmefähigkeit von Niederschlag. Also bedeutet das:

1) Städte sind Wärmeinseln

Die durchschnittlich gemessene Wärme ist in der Stadt im Vergleich zum Umland erhöht. Im Winter sind es etwa 2 Grad Celsius (abhängig von der individuellen Lage der Stadt, natürlich) im Sommer kann es schon mal über 15 Grad Temperaturunterschied zum Umland sein!

Wie kommts?

Erstens: die Oberfläche einer Stadt ist so gross im Vergleich zum Umfeld, dass es viel mehr Flächen gibt, die Strahlung absorbieren. Das ist so ähnlich wie beim menschlichen Gehirn – es ist extrem kompakt gepackt damit es in unseren Schädel passt.

Eine Stadt ist aus der Vogelperspektive sehr ähnlich. Vergleicht man alle ersichtlichen Oberflächen (Wände, Strassen, Dächer) mit allen ersichtlichen Oberflächen einer Wiese (flache Fläche) oder eines Waldes (Baumkronendach = relativ flache Fläche) dann wird klar, wie viel mehr Absorptionsfläche in der Stadt zur Verfügung steht!

Zusätzlich ist die Oberfläche der Stadt eben meistens nicht natürlicher Boden und durch die fehlende Beschattung wird viel mehr Energie in Form von Wärme gespeichert. Diese wird in der Nacht wieder abgestrahlt. Dadurch kommt es zu einer ebenfalls hohen Temperatur in der Nacht.

Zweitens: die dichte Bebauung in den Städten hemmt die Kühlung durch Wind. Dadurch passieren mehrere Dinge. Einerseits kann heisse Luft nicht mehr abtransportiert werden und steht zwischen den Gebäuden. Andererseits gibt es durch diesen Minimalwind extrem wenig Windchilleffekt.

Zusätzlich, gibt es in der Stadt vergleichsweise wenig Quellen von Verdunstungskälte. Da die Oberflächen im urbanen Bereich zum Grossteil nicht pflanzlich sind passiert auch keine Photosynthese.

Bei der Photosynthese nehmen Pflanzen Kohlendioxid auf und geben gleichzeitig Sauerstoff und Wasser ab. Das abgegebene Wasser verdunstet in die Luft und macht diese dadurch kühler (wie man diesen Effekt nutzen kann um durch Balkonbepflanzung die Wohnung im Sommer besser zu temperieren habe ich in diesem Artikel beschrieben).

2) Städte sind Wasserextreme

Eine weitere Eigenart des Stadtklimas ist seine Trockenheit.

Einerseits Trockenheit am Boden: für Pflanzen ist es schwer in den meist sehr verdichteten Stadtböden Wurzeln zu schlagen (wenn es überhaupt einen freien Flecken gibt). Durch die Versiegelung und Verdichtung der Böden entsteht zudem das Problem, dass Wasser nicht versickert sondern an der Oberfläche abfliesst – und dabei oft noch wertvollen Boden erodiert.

Andererseits die Trockenheit der Luft: da keine Oberflächenbegrünung vorhanden ist, die dauerhaft Wasser abgibt ist im Schnitt die Luftfeuchtigkeit in der Stadt geringer. Aber, da so viele Partikel in der Luft sind (Stichwort Feinstaub und wie man sich dagegen schützt) dauern Gewitter und Regenfälle oft doppelt so lange im urbanen Gebiet als am Land.

Diese Partikel sind nämlich perfekte Kondensationskeime für Wasser in der Luft – um sie bilden sich dann Regentropfen, bzw. Wolken.

Apropos Wasser: es gibt eine weitere Eigenheit im Stadtklima. Hohe Luftfeuchtigkeit bei Regen. Das ist nur auf den ersten Blick unlogisch. Auf den zweiten hingegen glasklar: wenn das Wasser nicht versickern kann, sondern sich auf Asphaltoberflächen sammelt, verdunstet es in die Luft. Diese ist in der Stadt wie oben schon beschrieben generell wärmer. Je wärmer die Luft ist, desto mehr Wasser kann sie aufnehmen. …. und das endet darin, dass die Luftfeuchtigkeit bei Regenwetter in der Stadt höher ist und sich länger hält (weil die Luftbewegungen eingeschränkt sind) – es ist also besonders im Sommer ziemlich unerträglich.

 

3) Städte haben weniger Sonnenstrahlung

Pflanzen in der Stadt haben neben all diesen Widrigkeiten auch noch mit weniger Sonnenstrahlung zu kämpfen, denn die Strahlungsbilanz ist im Schnitt in der Stadt geringer als im Umland. Die Strahlungsbilanz hängt ganz allgemein von zwei Dingen ab:  vom Höchststand der Sonne und von der Trübung der Atmosphäre.

Da es bekanntermassen über Städten häufig zur Bildung von Dunstglocken kommt, wird relativ zum Umland eine um bis zu 35 % geringere Strahlung gemessen. Warum?

UV -Strahlung wird durch 2 Barrieren aufgehalten: einerseits wird sie von den Feinstaubpartikeln reflektiert, andererseits durch das bodennahe Ozon absorbiert. Kommt weniger Sonnenstrahlung bei den Pflanzen an, so haben diese auch erschwerte Wachstumsbedingungen. Andererseits sind Pflanzen auch dem bodennahen Ozon ausgesetzt. Ozon ist ein sehr radikales Molekül und stresst Menschen- und Pflanzenkörper gleichermassen. Diese zweifache Belastung bedeutet für Pflanzen, dass der Chlorophyllspiegel sinkt und dass das Wachstum dadurch stark eingeschränkt wird – denn Chlorophyll ist der Blattfarbstoff, der Pflanzen ermöglicht Zucker zu produzieren.

FAZIT Stadtklima: etwas Erbarmen mit den Pflanzen

Wir Menschen haben mit unseren Städten eine für Pflanzen ziemlich lebensfeindliche Umgebung geschaffen. Aber: es wäre ja gelacht wenn die grünen Gesellen es nicht schaffen würden, sich auch hier ihre Existenz zu sichern (sie hatten dies ja auch schon unter noch widrigeren Umständen hingekriegt, als sie auf der Erde vor ein paar Millionen Jahren auf Landnahme gingen.

Trotzdem können wir mit folgenden Massnahmen die Wiederansiedelung deutlich beschleunigen (damit es nicht wieder ein paar hunderttausend Jahre dauert…)

1) Boden bieten

Für Pflanzen ist wenig Boden vorhanden, und der den es gibt ist meistens stark verdichtet oder schadstoffbelastet. Deshalb empfiehlt es sich, Hochbeete, Pflanzkübel u.ä. zu verwenden um einerseits gute Wuchsbedingungen für das Grün zu bieten und andererseits die Ernten auch verwenden zu können ohne Angst vor einer Bleivergiftung zu haben.

2) Giessen

Pflanzen brauchen gerade im Stadtklima viel Wasser. Deshalb ist Giessen oder das Anbringen eines klugen Bewässerungssystems oberste Priorität um guten Wuchs zu gewährleisten.

3) Mulchen

Der Boden um die Pflanzen herum sollte gerade in der Stadt nie ohne Schutz daliegen. Erstens trocknet er extrem schnell aus und zweitens besteht die Gefahr, dass er bei starken Regenfällen schnell erodiert und in den nächsten Kanal gespült wird. Eine Mulchauflage verhindert dies und sorgt dazu noch für einen gewissen Schutz vor Bodenüberhitzung (besonders in kleinen Pflanzgefässen).

4) Für mehr Grün auf Anthrazit einsetzen!

Die balconybotanista hat gerade herumreferiert, wie lebensfeindlich Städte sind. Doch da war noch etwas: Städte bieten viel mehr Oberfläche als Flachland. Warum also nicht genau diese Oberflächen nutzen und begrünen? Dies hätte mit frischerer Luft, angenehmerem Stadtklima und Lärmdämpfung auch ziemlich positive Effekte für die tierischen Bewohner in der Stadt – Menschen eingeschlossen 🙂

… und ganz am Ende hier zur Inspiration:

Stadtklima verbessern durch  Begrünung, wie zum Beispiel Singapur

Singapur ist Pionier bei Stadtbegrünung und neuen Konzepten, die Pflanzen in die Architektur integrieren.

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