mehr grün auf anthrazit
Permakultur-Design Kurs der Balconybotanista: Vielfalt statt Einfalt wie zum Beispiel verschiedene alte Maissorten

Permakultur-Design Kurs: Erfahrungsbericht Modul 1

Am zweiten Wochenende im April war es so weit – das erste Modul des Permakultur-Design Kurses war im Kalender der balconybotanista fett eingeringelt.  Ich war gespannt. Nicht nur wegen des Kurses, sondern auch wegen der Location. Ein ehemaliges Ashram in den Schweizer Bergen. Das machte mich ein bisschen nervös, da mich klosterähnliche Umgebungen generell gruseln. Spirituelles kann balconybotanista nämlich nur in homöopathischen Dosen verkraften. Hier nun also die ersten Permakulturerlebnisse.

 

Beginn mit den Permakultur-Design Basics (Tag 1)

Alles fing damit an, dass wir erst mal erfuhren, was Permakultur-Design ist. Der Begriff «Permakultur» setzt sich aus „permanent“ und „Agrikultur“ zusammen. Damit ist klar worum es geht: ein Ökosystem zu schaffen, das sich selbst erhält. Soll heissen, es wird ein perfektes Zusammenspiel der Natur designt, sodass kein Bedarf für weitere menschliche Einmischung besteht. Der Mensch soll im Idealfall nur noch die Früchte ernten. DAS klingt für faule Gartenliebhaber nach perfektem Plan!

Was sind die Kennzeichen von Permakultursystemen ?

Wichtig bei Permakultursystemen ist, dass sie trotz ihrer scheinbaren Natürlichkeit hochproduktive Nutzflächen darstellen, bei denen das Augenmerk auf möglichst vielfältiger und ertragreicher Ernte liegt. Durch langfristige Planung reguliert sich das System selbst. Einerseits bringt es vielfältige Ernte hervor (also nicht auf ein Produkt fokussiert) und andererseits ist die Notwendigkeit einzugreifen auf ein Minimum verringert (also kein stupides Abarbeiten von Routinen).

Zusätzlich ist Energie sparen eine Grundregel. Man nutzt natürliche Energiequellen aus und spart seine eigenen (gefällt mir guuuut!).

Was ist der ethische Leitsatz von Permakultur-Design?

Falls jemand trotz der oben angegebenen und durchaus attraktiven Gründe noch eine spirituelle Komponente benötigt – der ethische Leitsatz dieser Methode ist ebenfalls ein recht simpler:

«Die wichtigste ethische Entscheidung ist, Verantwortung für unser eigenes Leben und das unserer Nachkommen zu übernehmen. Und zwar jetzt.» (Bill Mollison)

Ehrlich gesagt, reichen mir schon rein vernunftbasierte Argumente aus, um Permakultur-Design klasse zu finden, besonders wenn man sich den Zustand der heutigen Landbewirtschaftung zu Gemüte führt.

Die einzelnen Permakultur-Design Elemente kennen lernen (Tag 2)

An Tag 2 werden als erstes verschiedene «Designelemente» besprochen und erklärt wie und wo sie funktionieren. Unter Permakulturelementen versteht man Strukturen, Einteilungen oder Anlagen, die in einen Permakulturgarten eingeplant werden können.  Neben Hügelbeeten (aufgehäufte Beete) und Kompostplatz lernten wir zum Beispiel auch Kräutertrockenhäuser und Humustoiletten kennen.

Erste Eindrücke der bestehenden Permakulturanlage  wurden auch vermittelt. Persönlich hatte ich mir einen wilden Urwald vorgestellt. Zu meiner Überraschung hatte der Garten aber viel Ähnlichkeit zum botanischen Garten, durch den ich während des Studium täglich streifte. Bei einem Rundgang über das Gelände offenbarten sich jedoch einige Verbesserungsmöglichkeiten auf dem ehemaligen Ashram.

Trotzdem konnte man sich ein Hügelbeet, einen Pilzgarten und ein Kräuterbeet aus nächster Nähe ansehen. Das Herzstück, in dem wir aufgrund der Wärme länger sitzen blieben, war das Walipini – ein in den Hang gegrabenes Erdgewächshaus.

Unser Kursleiter Markus, der selbst erfahrener Permakulturdesigner ist,  zeigte uns auch anhand vieler Beispiele, wo Potenzial zur weiteren Entwicklung wäre:

… Gebäudewände begrünen

… oder wenn unter Obstbäumen Obstbaumlebensgemeinschaften anlegen

… oder den Gemüsegarten näher am Haus positionieren

Permakultur-Design ist kein Universalrezept

Es wurde schon sehr deutlich anhand dieser Anschauungsbeispiele, dass Permakultur mehr ist als hier und dort ein Hügelbeet oder ein Teich. Die einzelnen Permakulturelemente kennen ist das eine – sie zusammen zu fügen zu einem System ist eine ganz andere Herausforderung. Der Anspruch, die perfekte Vernetzung zwischen all diesen Bausteinen zu finden, sodass optimale Bedingungen für den Nutzer, die Pflanzen und Tiere entstehen ist eben nur durch sehr intelligente Planung zu erfüllen. Vor allem aber ist diese individuell – auf Bewohner und Grundstück abgestimmt.

In Bezug auf die eigenen ehrgeizigen Pläne wurde mir jedoch eines bewusst: sollte die balconybotanista den irrsinnigen Versuch wagen und eine Permakultur am Balkon installieren wollen, dann müsste das mehr sein als nur Mischkulturen anzupflanzen. Aber das wird noch – spätestens wenn die balconybotanista die Regenrinne anzapft und das Flachdach des Wohnhauses annektiert (das ist keine Warnung sondern ein Versprechen).

 

Permakultur-Design Bausteine verstehen (Tag 3)

An Tag 3 wurde die Permakulturistengruppe bombardiert mit Planungsprinzipien. Uns wurde erklärt, welche Überlegungen man sich wann macht um eine nachhaltige Permakultur anzulegen.  Dies ist der springende Punkt beim Anlegen und Entwickeln einer Permakultur – das Beobachten und Planen.

Alles beginnt mit der Beobachtung. Die Grundlage einer Permakultur ist das Verständnis des Areals und der Umwelteinflüsse darauf. Die Beobachtungsphase dauert lang und kann sich mit den ersten Planungsschritten schon mal überschneiden.

Zonenplanung:

Die Zonenplanung soll die bestmögliche Nutzung der eigenen Energie innerhalb der Permakulturfläche abbilden.

Das Areal wird in Zonen eingeteilt, die von 0 bis 5 durchnummeriert werden.  Angeordnet werden diese Zonen annähernd kreisförmig um den dauerhaften Aufenthaltsort des Menschen herum. Dieser Ort ist die Zone 0 und stellt das Zentrum dar, während Zone 5 die am entferntesten gelegenen Abschnitte des Areals sind. Die Wildniszone also.

Warum macht man das?

Ganz einfach: der Grundsatz für die Zonenplanung lautet, so wenig eigene Energie beim Bewirtschaften des Landes zu verschwenden wie möglich. Das bedeutet dass man ausgehend von dem Ort, an dem sich der Bewohner und Bewirtschafter die meiste Zeit aufhält, plant.

Wo will ich als (fauler) Koch meine Gemüsebeete und Kräuterbeete anlegen? So nahe wie möglich.

Wo möchte ich bei Bedarf einen Hühnerstall? Dort, wo ich schnell hinrennen kann um Eier zum Frühstück zu holen.

Brauche ich direkt vor der Haustür einen Kirschbaum? Wie oft im Jahr besuche ich diesen Kirschbaum?

All das sind Überlegungen die sich der Permakulturplaner vorab macht – alles unter der Leitlinie seine Permakultur für seine Bedürfnisse masszuschneidern.

 

Sektorenplanung:

Die Sektorenplanung hingegen findet ihre Grundlage in der bestmöglichen Nutzung der von aussen einströmenden Energie.

Das bedeutet, es muss genau beobachtet werden wie sich Sonne, Wind, Wasser, Staub & Lärm etc. in das Areal und darin bewegen. Zudem muss geklärt werden, welche dieser Energieeinflüsse der Permakulturdesigner nutzen möchte und welche er abwehren will (z.B. Nachbarn 🙂 ). Das alles natürlich zu allen Jahreszeiten. Zwei wichtige Faktoren möchte die balconybotanista hier detaillierter erklären:

Sonne

Die wichtigsten Fragen der Botanik sind die nach Wärme und Kälte. Kälte ist für Pflanzen ein primärer Wachstumshemmer. Das bedeutet, der Permakulturdesigner beobachtet, wo zu welcher Jahreszeit wie viel Sonne auftrifft. Auf Grund der Sonnen- und Schattenzonen kann er planen, welche Pflanzen er in die pralle Sonne pflanzt, und welche auch oder sogar ausschliesslich im Schatten gedeihen.

Mit der einströmenden Sonnenenergie ist viel möglich: die Wärme kann zum Beispiel in einem Teich gespeichert werden. Pflanzen, die um diesen Teich herum gedeihen, wird auch in der Nacht nicht kalt. Wasser als Wärmespeicher sind sehr beliebt in der Permakulturplanung. Ein weiterer Vorteil von Wasser ist, dass die Oberfläche Sonnenstrahlung reflektiert. Je nach Einstrahlungswinkel können im Umkreis Pflanzen positioniert werden, die ein Plus an Sonne brauchen. Beispielsweise Südfrüchte wie die Kiwi.

Sonnenwärme kann auch über sogenannte «Sonnenfallen» gespeichert werden. Man positioniert dazu in der Nordseite hinter einem Beet oder sonnenliebenden Pflanzen eine Steinmauer oder eine Hecke. Diese wird nun von Süden bestrahlt. Die Pflanzen davor profitieren von abgegebener Wärme in der Nacht und zudem werden sie auch während des Tages von zwei Seiten aufgeheizt: einmal direkt von Süden, von der Sonne und einmal von Norden, von der «Sonnenfalle» im Rücken.

Gebäudeterrassen und -balkone die südseitig gelegen sind, sind dementsprechend Hardcore-Sonnenfallen, merkt sich die balconybotanista  🙂

…und Wind

Die Sonnenfallen haben auch einen weiteren Nutzen: nämlich Windschutz. Man kann solche Strukturen wie einen Halbkreis um das Beet legen und somit die Pflanzen vor Wind und Wetter schützen. Wind bedeutet für Pflanzen nicht nur Kontakt mit physikalischer Belastung auf den Stamm, die Wurzeln und die Äste. Also der Kampf gegen die Scherkräfte. Wind bedeutet auch Wasserverlust und Verdunstungskälte. Je mehr sich die Luft um die Blätter bewegt, desto weniger kann eine Wassersättigung der Luft um das Blatt erreicht werden (Warum das so ist, kann man hier nachlesen). Die angefeuchtete Luft wird immer wieder weg transportiert und mit trockener Luft ersetzt. Das heisst, Wind verursacht vermehrten Wasserverlust. Durch die Verdunstungskälte kommt es auch zu einer Abkühlung um die Pflanze.

Hat man also kälteempfindliche, zarte Pflänzchen zu hegen, so spart man sich viel Energie, wenn man einmal drum herum einen Windschutz errichtet – der am besten auch eine Sonnenfalle ist.

Was kann man am Balkon umsetzen?

Diese zwei Schritte der Grobplanung, das heisst, der Einteilung des Geländes nach Energienutzung, dauert am längsten. Nur wenn man sich die Zeit nimmt, seine zukünftige Permakultur zu beobachten kann man feststellen, wo ein Eingreifen am wirkungsvollsten ist. So erkennt man wie man die meiste Energie sparen oder sammeln kann und macht sich die Planung der weiteren Schritte um vieles einfacher. Die balconybotanista hat dies natürlich aufgrund des begrenzten Platzes auf dem Balkon nur im Kleinen umgesetzt. Viele Punkte wurden schon im Artikel zur Balkonplanung besprochen, aber einen möchte ich noch hervorheben:

Die drei Schwestern, mein Beet mit Mais, Kürbis und Bohnen, wurden so platziert, dass die meiste Sonne hinkommt. Leider bedeutete dies auch, dass es dem Westwind direkt ausgesetzt war. Um diesen Faktor abzubremsen, wurde dahinter eine Rebenwand installiert und die Reihen Mais in einem Bogen im Beet angelegt um den starken Wind besser daran vorbei zu leiten.

Hier ein Bild mit Einzeichnung (ist noch frühes Wachstumsstadium):

Mischkultur balconybotanista die drei schwester: Mais, Kürbis, Bohnen

Oberer Bildrand ist Westen – von hier kommt der meiste Wind in das balconybotanista-Gebiet. Darum wurde der Mais „aerodynamisch“ angelegt.

FAZIT

Das erste Modul Permakultur-Design hat sich auf jeden Fall in vielerlei Hinsicht gelohnt. Die balconybotanista machte sich beim Auspflanzen der Setzlinge viel mehr Gedanken zu bevorstehenden Wettereinflüssen – daher auch der «spezielle» Maisanbau. Zudem hat die balconybotanista in einer vergessenen, verschmähten Ecke des Balkons eine Wildniszone installiert …

… aber dazu in einem nächsten Beitrag  🙂

Join the discussion

  1. Pingback: Permakulturplanung – die Details – balconybotanista.

Comments are now closed.
%d bloggers like this: