In meinem letzten Permakulturartikel habe ich angefangen über grundlegende Planungsprinzipien in der Permakultur zu schreiben. Über Permakultur Prinzip „Grobplanung“, „Beobachtung des Areals“, „Umwelteinflüsse in Form von Sonnen-, Wind und Wasserenergie“. (Wem das alles neu erscheint, hier geht’s zum entsprechenden Artikel :))
Aber: die balconybotanista hat noch viel mehr gelernt in ihrem ersten Permakulturdesign-Modul. Nämlich auch die Grundlagen der Detailplanungsprinzipien. Diese teile ich in diesem Artikel mit euch.
Permakultur Prinzip «Räumliche Anordnung»
Nach Abschluss der Grobplanung und mit ungefährer Festlegung der Zonen und Sektoren, werden diese befüllt. Das bedeutet man überlegt sich, wie man einzelne Permakulturelemente bestmöglich positioniert. Als bestmöglich positioniert gilt ein Permakulturelement dann, wenn es so platziert ist, dass es die meisten positiven Wechselwirkungen mit der Umwelt verursacht. Zum Beispiel werde ich das Permakulturelement «Regentonne» tendenziell dort hin stellen, wo das meiste Regenwasser in die Tonne abfliessen kann. Zudem möchte ich relativ wenig Gehzeit vom Haus aus haben. Die Tonne sollte aber auch nahe am Gemüsebeet stehen.
Wer jetzt mit den Augen rollt, dem sage ich erfahrungsgemäss: bei meinen Eltern war die Tonne im hintersten Winkel des Gartens, unter dem Gartenhäuschen. Sie war nie voll, denn das Dach der Gartenhäuschens war zu klein. Aber das war egal, denn niemand ginge den langen Weg ans Ende des Gartens um Wasser fürs Gemüse zu holen. Also recht ineffizient eingesetzt, die Tonne. 🙂 Wie ich das am Balkon umgesetzt habe und was meine Überlegungen dafür waren könnt ihr hier nachlesen.
Permakultur Prinzip «Randzonen»
An den Randzonen wird es spannend – dort wo die Grenzen zweier Systeme, Elemente, Zonen oder Sektoren auf einander treffen. Wie im echten Leben gibt es auch dort, die meiste Diversität und die vielfältigsten gegenseitigen Wechselwirkungen. Mit dem Ergebnis, dass Neues entsteht und gerade hier die Diversität am höchsten ist. Darum würde ich diese Begrenzungen eigentlich gerne «Verbindungsstücke» nennen.
Diese Randzonen zwischen Beeten, Teichen oder Abschnitten im Garten (Waldgrenzen) werden in der Permakultur gefördert und auf eine grösstmögliche Fläche ausgedehnt. Dazu werden verschiedene Muster angewendet, Verbindungsstücke werden zum Beispiel häufig wellig statt gerade entworfen. Also keine geraden Begrenzungen vom Gemüsebeet sondern kurvige. Dadurch wird die Fläche der Nahtstellen vergrössert und somit auch die Randzone. Das wiederum steigert die Diversität.
Permakultur Prinzip «Muster»
Permakulturdesigner arbeiten viel mit Mustern. Sei es Kreis, Spirale, der goldene Schnitt oder Verzweigungen, Verästelungen und Mäander – es sind Muster, die von der Natur abgeschaut werden.
… aus gutem Grund bilden biologische Systeme relativ selten eckige, quadratische Muster aus 🙂 ! Zusätzlich sind die meist geschwungenen Muster der Natur funktional wertvoll.
Flussmäander (Kurven, die Flüsse natürlicherweise machen, sofern sie nicht begradigt wurden) bieten Lebensraum für Arten, die an verbauten Flussufern niemals geeignete Bedingungen vorfinden könnten. Zudem bieten Mäander Stabilität. Begradigte Flüsse sind nur mit erheblichem Energieaufwand stabil zu halten, wenn es plötzlich zu heftigen Niederschlägen kommt. Mäandrierende Flüsse haben genug Stauraum, sodass man sich nicht vor Überschwemmungen fürchten muss.
Aus diesen Gründen der Funktionalität und Stabilität wird auch in der Permakultur ein biologisches System nicht in Vierecken angelegt, wie in der herkömmlichen Gartenarbeit. Stattdessen werden Mustern angelegt. Beete, wie Hundertwasser sie sich wünschen würde.
Permakultur Prinzip «Biologische Mitarbeiter»
Würmer, Bienen, Enten, Hühner, Schweine, Menschen. Permakultur bedeutet, dass alle Ökosystembewohner eingesetzt werden, um zu arbeiten. Ob man Enten auf Schneckenjagd im Gemüsebeet schickt oder Hühner zur Beetvorbereitung den oberen Boden auflockern lässt – oder die eigenen zwei Hände und Füsse nutzt um Teichflächen zu verdichten.
Biologische Mitarbeiter in der Permakultur bedeutet vor allem die wesenseigenen Bedürfnisse von Tieren im System so einzusetzen, dass sie dem Menschen Arbeit abnehmen oder erleichtern. Schafe und Ziegen fressen wuchernde Beerenhecken kurz und klein, Schweine pflügen einen Boden gründlich durch (und düngen ihn sogar). Insekten bestäuben Blüten und machen Jagd auf Schädlinge. Vögel fressen ebenfalls sehr gern diverses Gefleuch, welches die Pflanzen der balconybotanista attackiert und verbreiten Pflanzensamen über ihre Ausscheidungen.
.. und der Mensch? Der betreibt «Funktionsmanagement».
Permakultur Prinzip «Funktionsmanagement»
Darunter versteht man das Beobachten, Erkennen und Einsetzen nützlicher Funktionen aller Akteure in einem Permakultursystem. Das bedeutet auch, dass man kontinuierlich an seinem System arbeitet und es dahin weiterentwickelt, dass eine widerstandsfähige Lebensgemeinschaft verschiedenster Organismen entsteht. Es bedeutet auch, dass man gröbere Eingriffe erst nach gründlicher Analyse durchführt und Ursachensuche statt Symptombekämpfung betreibt.
Um das zu erreichen werden die folgenden Handlungsprinzipien als Leitlinien etabliert:
Permakultur Handlungsprinzip «Kreisläufe schliessen»
Soll so viel heissen wie: nichts wird verschenkt! Ressourcen werden nicht nur genutzt sondern auch geschaffen um ein unabhängiges, selbsterhaltendes System zu bauen. Verschwendung von Energie, Nährstoffen, Wasser und Platz wird auf ein Minimum reduziert und natürlich werden kreative Lösungen gesucht um ein möglichst unabhängiges Ökosystem aufzubauen. da geht es für die balconybotanista stark darum „Abfall“ zu nutzen. Man kann zum Beispiel den Küchenabfall nicht einfach wegwerfen sondern direkt vor Ort durch einen Wurmkompost verwerten. Der Kompost wird dann direkt wieder in die Pflanztröge auf dem Balkon eingearbeitet.
Permakultur Handlungsprinzip «Diversifizieren»
Je diverser eine Lebensgemeinschaft ist, desto widerstandsfähiger ist sie gegen unvorhersehbare Umwelteinflüsse und Schädlingsangriffe. Das ist das Problem mit Monokulturen: sie sind extrem labil und angreifbar. Es genügt ein Schädling um riesige Ernten zu vernichten. In artenreichen Ökosystemen greifen hingegen unterschiedlichste Abwehrmechanismen:
- Die bevorzugte Schädlingspflanze ist verstreut (was ein Ausbreiten des «Befalls» verhindert)
- Es gibt Fressfeinde für den Schädling (siehe Schnecke und Ente)
- Vielfrasse werden durch andere Bepflanzung vertrieben (Maisanbau unterbrechen gegen wachsende Maiswurzelbohrer)
- Physikalischer Schutz vor Umwelteinflüssen (Bäume schützen bodennahe Pflanzen vor Wettereinflüssen, Trockenheit, Sonneneinstrahlung)
So kann man auch ganz ohne Gift gärtnern. Natürlich wird man Befall haben – aber er wird nie so eskalieren wie in einer Monokultur. Das musste ich auch erst durch Erfahrung lernen.
Permakultur Handlungsprinzip «Schichten (& Stapeln)»
Auch dafür sind Funktionsmanagement-Fähigkeiten sehr wichtig. Die grundlegende Fragstellung lautet nämlich: wie kann so viel Ertrag wie möglich auf so kleiner Fläche wie möglich und so dauerhaft wie möglich ohne grosse Energieaufwände erreicht werden?
Der schlaue Permakulturdesigner greift zum Schichten und Stapeln und schichtet unterschiedliche Keimungszeiten und Blütezeiten übereinander, unterschiedliche Wuchshöhen und Wurzeltiefen.
Dadurch erreicht es nicht nur viel Ertrag, sondern auch ein gesundes Ökosystem, in dem für keinen Akteur zu keiner Zeit extreme Ressourcenknappheit herrscht. Bienen und andere bestäubende Insekten finden das ganze Arbeitsjahr über genügend Blüten vor. Bodenlebewesen profitieren von geschütztem unbearbeitetem Boden und der Mensch von dauerhafter Essensversorgung mit unterschiedlichen Erntezeitpunkten.
FAZIT
Permakultur ist zukunftsweisend. Das sollte in einer Welt des Platzmangels und der Ressourcenknappheit jedem vernünftigen Menschen einleuchten. ABER: Permakultur ist auch aufwändig. Aufbau und Entwicklung solcher Systeme ist nichts, was man einfach so aus dem Ärmel schüttelt. Die balconybotanista ist jedenfalls bereit die Herausforderung anzunehmen und ihren Balkon zumindest ansatzweise nach Permakulturprinzipien zu begrünen …
… ich glaube ich fange mit der Wildniszone an. 🙂
Für mehr Grün auf Anthrazit!